Steckbrief
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Wie
lange noch wollt ihr ungerecht richten und die Frevler
begünstigen? Diese
Sätze aus Psalm 82 klingen wie ein verfrühter Kommentar zur
aktuellen Bankenkrise. Anlass, über Recht und Gerechtigkeit
tiefer nachzudenken.
ich muß Ihnen doch mal sagen, was mich bei Ihrem Auftreten so drückt. Sie sagen, Sie sind ein tief gläubiger Christ. Sie sprechen täglich mit Gott. Was Sie tun, ist mit Gott vorher abgesprochen. Ich bin ein überzeugter liberaler und aufgeklärter Protestant. Ich behaupte nicht, daß ich die göttliche Weisheit so direkt bekomme wie Sie. Aber ich predige, daß für den Glauben der Respekt vor jedem Menschen wichtig ist, und daß wir uns in Gottes Namen einsetzen sollen für Gerechtigkeit und Frieden. Ich erzähle auch, was in der Vergangenheit war mit Kreuzzügen und anderen Kriegen. Da sind Christen losgezogen mit einer grausamen Überheblichkeit. „Gott mit uns“ und gegen den Rest der Welt. Grausamkeiten von religiösen Fundamentalisten haben in dieser Welt manches blutige Schlachten angerichtet. Nicht anders als die Selbstmordattentäter, die mit dem Ruf „Allah ist groß“ sich und andere in die Luft sprengen. Gotteslästerung ist das. Heilige Kriege (Arabisch Djihad) gab und gibt es zu viele. Ich predige, daß dies schreckliche Irrungen sind, und daß sie Gottes Willen nicht entsprechen können. Gott will uns als Streiter für seine friedliche und menschenfreundliche Welt. Sie haben mit Gott den Krieg gegen den Irak besprochen? Sie sind sich mit ihm einig, was die „Achse des Bösen“ ist? Das „Böse“ ist ja ein zentraler religiöser Begriff. Wer meint, mit allen Mitteln Gottes Willen durchsetzen zu müssen, ist ein gefährlicher Fundamentalist. Er verbirgt dabei oft seine wirklichen Motive wie Machtstreben oder wirtschaftliche Vorteile. Sie mißbrauchen die Berufung auf eine religiöse Mission für Ihre militärischen Ziele. Die haben mit Liebe, Frieden und Gerechtigkeit im Sinn der Offenbarung nichts zu tun. Damit sind sie mit ihrem Glauben so weit von meinem entfernt, wie alle, die sich auf eine göttliche Rechtfertigung für Krieg berufen. Jeder Fundamentalismus, auch Ihrer, bedeutet Gefahr für vernünftigen Fortschritt im Glauben an Gottes Liebe. Gott will keinen Krieg. Ihr Pfarrer Dietrich Bardens
In der Pfingstgeschichte
im 2. Kapitel der Apostelgeschichte findet sich die Bemerkung, daß
in Jerusalem Leute aus der ganzen Welt wohnten. Die folgende lange
Aufzählung von Herkunftsländern könnte auch in
Ludwigshafen gelten, nur daß unsere Welt heute weiter geworden
ist. Chinesen und Amerikaner fehlen im alten Jerusalem noch.
Vom Zuschauen...Allabendlich treffen sich auf einem Platz an einer Kirche in unserem Stadtteil mehrere -zig Jugendliche. Sie erzählen, lachen, hören Musik, wie das eben so ist. Aber: sie sind den Anwohnern zu laut. Der Platz an der Kirche ist morgens regelmäßig versaut mit Pizzakartons, Bierflaschen, Spritzenbestecken und anderem Unrat. In den Spielplatz des Kindergartens werden Scherben, manchmal sogar Messer geworfen. Auf die Kunstglasscheiben der Kirche wird Zielwerfen geübt und das oft genug mit Erfolg. An den Sandsteinmauern findet man immer wieder Gaffiti. Was tun? Die Polizei hat schon manche Anzeige gegen Unbekannt aufgenommen und das Verfahren nach angemessener Zeit wieder eingestellt. Die nahe gelegene Firma hat Zäune aufgestellt. Kontrollgänge helfen nicht, weil man sie immer im falschen Moment macht. Und man hat ein Gefühl der Hilflosigkeit, wenn man die jungen Leute sieht und sich überlegt, wer davon die Spritzenbestecke braucht... Was haben wir früher gemacht? Wir waren ja auch mal jung. Ich erinnere mich gut an die Abende in der kirchlichen Jugendarbeit oder dann die vielen Stunden im Haus der Jugend. Da war was los. Clubs, Konzerte, ein Cafe, Filme, Disko. Ich denke gerne daran zurück. Keiner kann abschätzen, wieviel junge Menschen vor der Straße und einem verfehlten Leben bewahrt worden sind. Heute fehlt das Geld, sagt man. Das Haus der Jugend ist nur noch Schatten dessen, was es war. In unserer Kirchengemeinde läuft die Jugendarbeit auf Sparflamme. Die zwei Diakonenstellen wurden eingespart. Heute fehlt das Geld. Aber wie teuer kommt uns das Sparen morgen, wenn wir die Folgekosten des Nichtstuns bedenken? Fenster reparieren, Unrat beseitigen, Polizei beschäftigen, Drogentherapien bezahlen, verpfuschte Lebenswege gerade biegen... Nichts Tun, Zuschauen und Resignieren kostet viel mehr als das Richtige Tun. Wäre doch gelacht...„Im Märzen der Bauer die Rößlein anspannt...“. Beim Wetter der letzten Tage können einen Frühlingsgefühle packen. Im Frühling wird gepflanzt, geht etwas auf. Der Bauer sät Roggen und erntet Roggen, sät Raps und der Raps wächst, sät Radieschen... Im Frühling geht einem das Herz auf. Gefühle wehen um die Seele wie der Frühlingswind um die Nase. Der Bauer sät Pflanzen und wir alle säen Gefühle um uns aus – ob wir wollen oder nicht. Und was raus ist, das wächst auch. Uralt ist das Wissen, daß wir selbst die seelische Landschaft um uns herum bepflanzen. Saatgut haben wir alle genug: Vertrauen und Mißtrauen, Liebe und Haß, Sanftmut und Gewalt, Angst und Geborgenheit. Und genauso wie der Bauer den Raps aufgehen sieht, können auch wir die Saat der Gewalt aufgehen sehen. Oder die der Liebe oder des Vertrauens. Nobody is perfect. Keiner hat sich so im Griff, daß er anderen nur nützt. Unkrautsamen haben wir alle auch genug in unserer Saatkiste. Manches davon haben Andere aus Bosheit oder Unachtsamkeit ausgesät und es ist in unserem Leben aufgegangen. Welche Saat wollen wir um uns herum aufgehen sehen? Wie sieht es am Arbeitsplatz aus oder in der Familie. Nicht alles ist da Garten, in dem man sich wohl fühlen kann. Dornen und Unkraut, Bosheit und Bedrohung umgeben uns oft genug. Jeder freut sich über gute Gefühle, vertrauenswürdige Gemeinschaft, Freude und Hoffnung. Aber was da aufgeht ist nicht vom Himmel gefallen, sondern ist unser aller Saat. Vielleicht gelingt es uns, in diesem Frühjahr mehr als bisher darauf zu achten, was wir uns und anderen anpflanzen. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht mehr Farben, Zuversicht und Hoffnung keimen lassen können. Nicht jede Blume geht auf. Nicht jedes Vertrauen ist gerechtfertigt und nie wird jede Liebe beantwortet. Aber schon der Versuch ist fruchtbar.
Muslime und Vorurteile Ich ärgere mich oft, wenn jemand pauschal über „die Christen“ oder „die Kirchen“ herzieht. Ich bin nicht „die Christen“, sondern ein Pfälzer Protestant mit ganz eigener Prägung. Für den Terror der Kreuzzüge lasse ich mich nicht verhaften. Ich will mir im Zusammenleben mit anderen Religionen nicht den Terror der Kreuzritter vorwerfen lassen, die bei ihrem heiligen Krieg sogar Menschen grillten und aßen um Schrecken zu verbreiten. Ich bin auch Christ, vieles haben wir gemeinsam, aber ich lasse mich nicht für die Grausamkeiten anderer an den Pranger stellen. In Ludwigshafen leben viele Muslime. Mancher verdächtigt sie pauschal des Terrorismus. Doch wie bei den Christen gibt es auch bei ihnen solche und solche: Fanatiker und Liberale, Träumer und Allesbesserwisser. Man muß näher hinschauen, dann kann man urteilen. Was viele nicht vermuten: die Muslime in Deutschland haben eine ähnlich enge (oder lockere) Bindung an die Moschee wie Christen an die Kirche. Die meisten sehen sie nur alle Schaltjahre mal von innen. Und was da geredet wird interessiert sie wenig. So bunt wie die religiöse Landschaft der Christen ist auch die der Muslime: Da gibt es Aleviten: „muslimische Protestanten“ nenne ich sie gerne, weil sie auch die Werkgerechtigkeit und den Klerus abgeschafft haben und den Koran in der Muttersprache lesen, Frauen und Männer gleichberechtigt im Gottesdienst behandeln und sehr demokratisch eingestellt sind. Leider habe die Aleviten in Ludwigshafen kein Domizil gefunden, sie haben ihr Zentrum in Mannheim. Da gibt es die „DITIB“-Moscheevereine in der Industriestraße, Oggersheim und Ruchheim. Ihre Grundeinstellung ist demokratisch. Mit ihnen war immer ein guter Kontakt und viel Offenheit möglich. Ich habe auch Freunde dort gefunden. Leider mußte der größte und liberalste Moscheeverein Ludwigshafens, die Mevlana-Moschee, in die Industriestraße weichen, weil er im Bereich von Innenstadt und Hemshof keine Räumlichkeiten für seine Zwecke nutzen durfte. So haben unsere islamischen Mitbürger leider im Zentrum unserer Stadt keine Begegnungsmöglichkeit in einer offenen und fortschrittlichen Moschee. Wir müssen lernen wo unsere Freunde und Partner unter unseren islamischen Brüdern sind und wo die Feinde unserer Werte und Ordnungen. Wir müssen mit verläßlichen Partnern eine gemeinsame Zukunft für unsere Kinder bauen. Gewalt und Haß kann man nur mit Vertrauen und Freundschaft vertreiben. Hören wir auf, einander pauschal zu beschimpfen. Lernen wir uns besser kennen. Reden wir mehr miteinander. Und dann lassen sie uns gemeinsam gegen die Radikalen in allen Bereichen stark werden.
Bemüht euch um das Wohl der Stadt Alle
reden davon: „Die Politiker“ lügen und betrügen,
finanzieren ihre Parteien aus schwarzen Töpfen, begehen
Gesetzes- und Verfassungsbrüche. Sonntagsverkauf „Sechs
Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein
Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine
Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine
Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen
Wohnrecht hat.“ Sitzuhren? Neulich
im Rathauscenter: Eine Familie - offensichtlich japanische Touristen
- saß auf dem Rand der leeren Bühne. Sie erzählten
miteinander und betrachteten das Treiben außen herum. Da kam
ein uniformierter junger Mann und schickte sie weg. Ich sprach ihn
sofort an, ob man hier denn nicht sitzen dürfe, die Leute würden
ja schließlich niemanden stören. Er habe eben Anweisung:
Nichts zu machen. Und andere Sitzgelegenheiten waren nicht
auszumachen. Was ist der einzelne wert? Eine Stunde häusliche Pflege wird mit knapp 47 DM vergütet. Da sind alle möglichen Nebenkosten mit drin. Erinnern sie sich an Ihre letzte Handwerkerrechnung? Die war sicher viel teurer. Was ist uns eine Stunde am kaputten Kühlschrank und was eine am bedürftigen Menschen wert?
arbeitslos Heute war wieder einer ohne Arbeit bei mir, einer der fast 5 Millionen. Eine Zahl, bei der man verzweifeln möchte. Nichts mehr mitkriegen! Augen zu! So lange Du nicht selbst betroffen bist, ist es ja gut!? Er erzählt seine Geschichte. Einmal mit den Vorgesetzten nicht verstanden: Und nun verfolgt ihn ein schlechtes Zeugnis bei jeder Bewerbung. Und läßt er es weg, ist es noch schlimmer. Ich kenne -zig Geschichten über den Weg in die Arbeitslosigkeit. Alle sind schrecklich, jede anders. Ich fühle mich dann oft hilflos und wütend, weil es doch Menschen sind, die leiden. Ich werde den rechtschaffenen Presbyter nie vergessen, der immer sagte »Wer arbeiten will, der bekommt auch Arbeit«, bis sein Betrieb schloß. Als 47-jähriger bekam er keine Arbeit mehr und gehörte auf einmal zu denen, die er eben noch verachtet hatte. Da kommen meine Glaubensgrundlagen auf den Prüfstein. »Jeder Mensch ist Gottes gewolltes und geliebtes Geschöpf« und »Gottes Ebenbild«. Die Arbeitslosigkeit ist die größte Sünde unserer Gesellschaft. Wo Kapital und Gewinne wichtiger sind als Menschen, ihre sinnvolle Lebensgestaltung und ihr Wohlergehen, wird Gott in seinem Ebenbild gelästert und verhöhnt. Schimpfen ist einfach. Was kann ich aber tun? Ist die Aufgabe nicht viel zu groß? Ich kann etwas tun. Ich setzte mich ein für mehr Stellen, wo ich etwas zu sagen habe. Ich sage laut und deutlich, daß ich weniger arbeiten und auch verdienen will, wenn andere dadurch eine Stelle bekommen. Und ich widerspreche, wenn auf die geschimpft wird, die angeblich auf unsere Kosten faulenzen. Ich will und muß Menschen zeigen, daß sie mit ihrer Arbeit nicht die Würde und Ehre verlieren. Und vom Stammtisch bis zur Kanzel immer wieder sagen: Arbeitslosigkeit ist Sünde. Der Sünder ist aber nicht der Arbeitslose. |